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Demokratische Republik Kongo

UN im Kongo: Neues Mandat in schwierigen Zeiten

Der Weltsicherheitsrat hat die Mission im Kongo um ein Jahr verlängert. 2000 Soldaten sollen abgezogen werden - ein Zugeständnis an Kongos Regierung. Die würde die Blauhelme am liebsten komplett aus dem Land haben.

Ein Jahr mehr für die UN-Truppen in der Demokratischen Republik Kongo, aber 2000 Soldaten weniger - das haben die 15 Mitglieder des UN-Sicherheitsrates jetzt einstimmig beschlossen. "Rein militärisch macht eine Reduzierung der Truppen im Moment nicht so viel Sinn", sagt Nadine Ansorg, die am Hamburger Giga-Institut zum Kongo forscht. Die Sicherheitslage im Ostkongo habe sich nicht wesentlich verbessert. Der eigentliche Grund sei eher politisch: "Man will damit der kongolesischen Regierung entgegenkommen." Die hatte sich für den Abzug von mindestens 7000 Soldaten ausgesprochen. Außenminister Raymond Tshibanda sagte jüngst vor dem UN-Sicherheitsrat, es sei an der Zeit, dass der Kongo selbst die volle Verantwortung für die Sicherheit im Land übernehme und dass die UN ihre Blauhelme abziehen.

Seit mehr als 15 Jahren versuchen UN-Soldaten bereits, den Osten der Demokratischen Republik Kongo zu befrieden. 1999 kamen die ersten Truppen, unter dem Namen "Mission der Vereinten Nationen in der Demokratischen Republik Kongo". Seit Sommer 2010 heißt der Einsatz "Mission der Vereinten Nationen für die Stabilisierung in der Demokratischen Republik Kongo", kurz: MONUSCO. Ziel der Friedensmission ist es, die Rebellengruppen im Ostkongo zu bekämpfen, Zivilisten zu schützen und die Lage vor Ort langfristig zu stabilisieren.

Die größte und teuerste Mission

Mit mehr als 20.000 Soldaten und einem Jahresbudget von 1,4 Milliarden US-Dollar ist es die bislang größte und teuerste Blauhelm-Mission der Vereinten Nationen. Viele Jahre lang galt sie zudem als die erfolgloseste - bis vor knapp zwei Jahren der deutsche Diplomat Martin Kobler das Ruder übernahm. Unter seiner Führung gelang es einer neu geschaffenen, mit robustem Mandat ausgestatteten afrikanischen Interventionsbrigade gemeinsam mit der kongolesischen Armee, die gefürchteten M23-Rebellen aus der Großstadt Goma zu vertreiben und militärisch zu besiegen.

Der Erfolg verhalf den kongolesischen Streitkräften zu neuem Selbstvertrauen und im Kongo stieg auch das Ansehen der UN-Mission. Bis dahin hatte die Bevölkerung nicht viel für die Blauhelme übrig, weil diese sich - so die Kritik - mehr um ihre eigene Sicherheit sorgten, als die Zivilisten vor Angriffen zu schützen.

Kabila fühlt sich in seiner Souveränität verletzt

Vor rund einem Monat wollten die kongolesische Armee und die UN-Soldaten eine gemeinsame Offensive gegen die Hutu-Rebellen der FDLR starten, die seit dem Ende des ruandischen Genozids 1994 die Menschen im Ostkongo terrorisieren. Doch die Kooperation scheiterte, denn die UN machen zwei Generäle, die Kongos Präsident Joseph Kabila dabei haben wollte, mitverantwortlich für Menschenrechtsverletzungen. Auf die Bitte der UN, die Generäle auszutauschen, reagierte Kabila empört. Seine Armee werde die Operation dann ohne Hilfe der internationalen Blauhelme durchziehen.

Kongo - FDLR Kämpfer Foto: Simone Schlindwein

Bis zu 2000 FDLR-Kämpfer sollen im Kongo aktiv sein

Seit einigen Wochen geht die kongolesische Armee nun mit Kampfhubschraubern und schweren Waffen im Alleingang gegen die FDLR vor - und vermeldet erste Erfolge. Doch viele in der Region fürchten, dass die Rebellen einen taktischen Rückzug angetreten haben. "Wir hätten es gern, wenn die Rebellen festgenommen und nicht nur verfolgt und vertrieben werden", sagt Faustin Katanga der DW. Er ist Präsident einer zivilgesellschaftlichen Organisation in dem betroffenen Gebiet. "Wir schätzen die Aktionen der Armee sehr, fürchten aber, dass die Rebellen zurückkommen und Rache üben. Die Innen- und Verteidigungsminister sollten die Polizei schicken, damit sie die befreiten Orte sichern."

Auch Kongo-Expertin Ansorg glaubt nicht, dass die kongolesische Offensive Erfolg haben wird: Das Militär sei sehr schlecht ausgestattet und ausgebildet und militärisch sowie logistisch stark von der MONUSCO abhängig. Außerdem hätten viele der Soldaten selbst Gewalt gegen Zivilisten verübt. Dazu komme, dass das Militär in früheren Kriegen häufig eng mit der FDRL zusammengearbeitet habe. "Verschiedene lokale Beobachter sagen, dass es Kabila ganz recht ist, wenn die Unsicherheit in der Region anhält", so Ansorg im Gespräch mit der DW. Damit habe er eine Entschuldigung, seine Politik nur halbherzig umzusetzen - etwa die Grundversorgung der Bevölkerung.

"Langsam einen Schlussstrich ziehen?"

Joseph Kabila Kabange Foto: Michael Kappeler/dpa

Will sich als starken Mann inszenieren: Präsident Joseph Kabila

Als "politisches Getöse" bezeichnet Denis Tull, Kongo-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik, die Forderung der Regierung nach einem Abzug der Blauhelme. Aber: Die Beziehungen zwischen der UN-Mission und der Regierung seien angespannter als jemals zuvor. Die Regierung steht unter Druck: 2016 stehen Wahlen an, Kabila will sich als starken Mann inszenieren, der die Probleme im Land ohne externe Einmischung lösen kann. Anfang des Jahres kam es wegen einer geplanten Wahlgesetzänderung zu heftigen Protesten. Die UN versuchten zu vermitteln - sehr zum Ärger des Präsidenten.

Nun lässt die kongolesische Regierung die UN-Vertreter im Land spüren, dass sie unerwünscht sind. Macht der Einsatz unter diesen Bedingungen überhaupt noch Sinn? "Die Mission ist nicht in der Lage, ihr Mandat zu erfüllen - zumindest, solange sie nicht mit einem handlungsfähigen Partner kooperieren kann", so Tull. "Die Frage ist: Will man jetzt noch Jahre lang Geld reinschütten und hoffen, dass es irgendwann besser wird? Oder sagt man sich, dass man langsam mal einen Schlussstrich ziehen muss?"

Leidtragende wären in dem Fall die Bewohner des Ostkongo, deren Sicherheit sich die UN auf die Fahnen geschrieben haben. Die militärische Kampagne sei nur ein erster Schritt, mahnt Wissenschaftlerin Ansorg: "Nach der Befriedung des Kongo muss die wirklich große Aufgabe, der Wiederaufbau, beginnen." Und da könnten sich die UN nicht aus der Verantwortung ziehen.

Mitarbeit: Mude Eldorado (Beni, Ostkongo)

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